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AutorenbildChristina Gesing

Safer Heart Talk: Der Leitfaden und Praxisbeispiele

Aktualisiert: 29. Okt.



Willkommen zum Safer Heart Talk!


Ein Safer Heart Talk soll dich dabei unterstützen, deine eigenen Bedürfnisse und Präferenzen zu verstehen und gleichzeitig mehr über deine(n) Partner*innen zu erfahren. Dieser offene Dialog dient als Basis für weitere Entscheidungen und ermöglich deine informiertes Einverständnis: Stimmen unsere Vorstellungen von unserer Verbindung überein? Möchte ich auf der Grundlage dessen, was ich jetzt weiß, fortfahren?


Um loszulegen, gehe einfach die einzelnen Fragen alleine oder mit deiner Partner*in durch. Es kann sein, dass nicht alle Fragen für eure individuelle Situation notwendig sind oder dass einige fehlen. Betrachte diese Sammlung als Startpunkt, und passe sie deinen Bedürfnissen und Umstände an.


Auf der letzten Seite findest du Beispiele dafür, wie andere den Safer Heart Talk für sich genutzt haben.


Schön, dass du so mutig bist und diesen Schritt hin zu einem ehrlichen und respektvollen Umgangs miteinander zu wagen. Ich hoffe, dass die Reise sich für dich lohnen wird.




1.Identität und bevorzugte Beziehungsstrukturen:

  • Geschlecht & Pronomen, sexuelle Orientierung, Kink-Identität

  • So würde ich meinen Beziehungsstil beschreiben: z.B. Single, Monogam, Monogamish, Offene Beziehung, Hierarchisch/Nicht-Hierarchisch/ Polyamorös, Solo Poly, Relationship Anarchy,…

  • Was bedeutet dieser Beziehungsstil für mich? Welche Bedürfnisse und Wünsche erhoffe ich mir mit dieser Beziehungsstruktur zu erfüllen?

  • Welche Erfahrungen habe ich mit Nicht-Monogamie gemacht und wie könnte dies meine Interaktionen/Beziehungen beeinflussen?



2. Aktueller Beziehungsstatus:

  • Welche bedeutenden romantischen/sexuellen Partner*innen gibt es in meinem Leben und wie stehe ich zu ihnen?

  • Welche Verpflichtungen habe ich mit diesen Personen? Z. B. Kinder/Haustiere, vollständige finanzielle Integration, Hausbesitz, GeschäftsPartner*in, Unterstützung bei (psychischen) gesundheitlichen Problemen, …

  • Gibt es Partner*innen, denen ich in meinem Leben Vorrang einräume / denen ich bestimmte Privilegien gewähre und die ich in meine Entscheidungsprozesse einbeziehe? z. B. "Nesting-Partner*innen", "Primärpartner*in“ und „Hierarchie“/„Paarprivilegien“? Wie sehen diese Privilegien aus? z. B. Beziehungslabel wie „Partner*innen*in“ oder „Freund/Freundin“, einen Schlüssel zur Wohnung, „Vetorecht“, …?

  • Wie ist die Beziehung der „Metamours“ zueinander? Besteht die Möglichkeit oder die Erwartung, sich gegenseitig kennen zu lernen? Bin ich offen dafür, die Partner*innen meiner Partner*in kennenzulernen?


3. Hoffnungen und Sehnsüchte:

  • Was sind meine Absichten für diese Verbindung? Und was erwarte ich von dem/der anderen? Z.B. ein einmaliges sexuelles Abenteuer, möglicherweise wiederholte Treffen, ein Freundschaft+ mit Aktivitäten außerhalb des Sex, aber ohne Romantik, eine leidenschaftliche Affäre, eine feste, langfristige Partnerschaft, einen Lebenspartner*innen, mit dem ich heiraten und/oder Kinder haben möchte, …

  • Wie viel Zeit und Energie bin ich bereit, in unsere Beziehung zu investieren?

  • Wie oft möchte ich in Kontakt sein und welche Kanäle möchte ich nutzen?

  • Bin ich interessiert und bereit, diese Person in mein soziales Umfeld zu integrieren? z.B. Treffen mit Metamours, Freunden, Familie, Kindern, öffentliche Auftritte als Partner, …

  • Welche Kommunikationsbedürfnisse habe ich, um mich in meiner Beziehung sicher und wertgeschätzt zu fühlen? z.B. Transparenz, regelmäßige Rückmeldungen, Ausdruck von Zuneigung, Liebessprachen, …

  • Habe ich irgendwelche langfristigen Ziele, die unsere Beziehung beeinflussen könnten? z. B. Wunsch nach einer festen Partnerschaft, Gründung einer Familie, Umzug, …


4. Grenzen und Absprachen:

  • Womit fühle ich mich nicht wohl, und woran bin ich in meinen Beziehungen nicht interessiert bzw. wofür bin ich nicht verfügbar? z.B. emotionale Beteiligung, zeitliche Verpflichtungen

  • Gibt es bestehende Verpflichtungen und Vereinbarungen mit anderen Partner*innen, die unsere Dynamik beeinflussen könnten? z. B. Kommunikationsprotokolle, Erreichbarkeit, Übernachtungen/Reisen, spezifische Grenzen in Bezug auf sexuelle Aktivitäten oder Kink/BDSM/Fetisch/Rollenspiele, …

  • Gibt es frühere Erfahrungen oder emotionalen Ballast, von dem der/die andere(n) wissen sollte(n)? Gibt es bestimmte Trigger oder sensible Themen, die ich besprechen möchte? Wie sieht es mit dem Bindungsstil aus? Wie sieht es mit Traumareaktionen aus?

  • Gibt es andere Grenzen, die ich habe und die der/die andere(n) kennen sollte(n)?



5. Safer-Sex-Praktiken:

  • Mit welchen Safer-Sex-Praktiken fühle ich mich in dieser Beziehung wohl?

  • Wie gehe ich mit Safer Sex in anderen Beziehungen um? Gibt es Menschen, mit denen ich nicht verhüte / "fluid bond" bin?

  • Aktive/chronische Infektionen, aktuelle Angaben zu STI-Tests, Verhütungsmethoden

  • Wie werden wir mit positiven Tests auf STIs oder Schwangerschaft nach dieser Begegnung umgehen?


6. Extra: Community - Dynamik:

z.B. wenn ihr beide in der queeren Community, der sexpositiven Szene oder einer anderen Gemeinschaft seid und man sich vielleicht öfter begegnet….

  • Teile ich soziale Kreise oder gemeinsame Verbindungen mit anderen Partner*innen?

  • Ist es wahrscheinlich, dass die andere Person meinen Partner*innen/die anderen Partner*innen trifft?

  • Wie plane ich, soziale Interaktionen und öffentliche Auftritte mit meinen Partner*innen zu bewältigen?


7. Aftercare und anschließender Kontakt:

  • Was wünsche ich mit nach unserer intimen Begegnung/ Sex/… ? Kuschele ich gerne und schlafe in dein Armen ein oder bin ich lieber allein? Schlafe ich gut neben einem neuen Menschen?

  • Welche Erfahrungen habe ich mit Kink? Was tut mit gut nach nach einer Szene?

  • Wie möchte ich mich morgen oder in Zukunft austauschen? Wann möchte ich wieder in Kontakt treten? z.B. eine kurze Rückmeldung am nächsten Tag per SMS, …

  • Gibt es sonst noch etwas, was ich mir wünschen würde, um mich verbunden/geschätzt/... zu fühlen?




8. Abschluss:

Wie die meisten Aspekte des Lebens sind auch Beziehungen dynamisch und entwickeln sich weiter. Da sie sich verändern, ist es vielleicht hilfreich, den Safer Heart Talk zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen oder auf einer kontinuierlichen Basis zu wiederholen. Versuche, eine Vereinbarung darüber zu treffen, wann ein guter oder notwendiger Zeitpunkt für Update wäre.


  • Wann wäre ein guter Zeitpunkt, um wieder einzuchecken? z.B. In 3 Monaten, wenn sich die Gefühle bei einem von uns beiden Gefühle verändern, wenn sich eine wichtige andere Beziehung verfestigt,….


Nachdem Ihr beide zu Wort gekommen sind, schließt den Safer Heart Talk ab, indem ihr Wertschätzung für die Transparenz und die Verletzlichkeit ausdrückt . Auch wenn du etwas gehört hast, das dich vielleicht ein wenig nervös macht oder über das du erst einmal nachdenken möchtest, ermöglicht dir dieses Gespräch hoffentlich, eine fundiertere Entscheidung darüber zu treffen, ob du auf diese Beziehung weiter eingehen willst.


Schließe mit „Danke für´s Teilen“.




Wie andere den Safer Heart Talk nutzen….


Beispiel 1: Natalie (Sie/ihr)

"Als pansexuelle Frau in einer polyamoren Ehe schätze ich die Vielfalt an Liebe und Verbindungen in meinem Leben. Mein Mann und ich haben zwei wunderbare Kinder im Alter von 9 und 11 Jahren und begannen unsere nicht-monogame Reise vor fünf Jahren. Wir beide gehen aktuell mit anderen aus. Wenn es ernster wird, lernen wir gerne die Partner*innen des anderen kennen. Zurzeit bin ich sehr daran interessiert, romantische Beziehungen zu erkunden und bin offen für langfristige Partnerschaften, wenn sich die Verbindung richtig anfühlt. Ich würde mich gerne regelmäßig mit dir treffen, etwa ein- bis zweimal pro Woche, muss dies aber mit familiären Verpflichtungen in Einklang bringen. Mein Leben ist stark mit dem meines Mannes verbunden und manche würden unsere Beziehung als hierarchisch bezeichnen, mit einer „Primär - Sekundär-Partnerschaftsstruktur“. Es gibt kein Vetorecht oder ähnliches. Übernachtungen sind leider nur möglich, wenn die Kinder nicht zu Hause sind, und frühere Partner*innen sind den beiden als Freunde vorgestellt worden. Enge Freunde wissen zwar von meinem nicht-monogamen Lebensstil, aber ich halte mich in der Öffentlichkeit zurück, da ich auf der Arbeit nicht geoutet bin. Mein Mann und ich achten auf sexuelle Gesundheit, indem wir eine fluid-bond sind und mit allen anderen Partner*innen Kondome benutzen. Wenn es um Aftercare geht, würde ich mich über eine kurze, nette Nachricht am Tag nach unserem Date viel bedeuten."



Beispiel 2: J (They/Them)

"Ich bezeichne mich selbst als Solo. Ich liebe es, interessante Menschen für Dates und Sex zu treffen, aber ich möchte niemals heiraten. Ich bin offen, zu schauen wohin das mit uns führt: Wenn wir uns ineinander verlieben, großartig. Wenn dies etwas eher Sexuelles bleibt oder sich in eine Freundschaft verwandelt, ist das auch in Ordnung für mich. Im Moment bin ich auf den Dating-Apps und treffe mich mit ein paar Leuten, wobei ich die Sonntagabende für eine Freundin+ von mir reserviert habe. Mir ist wichtig, dass wir gleiche Vorstellungen von unserer Beziehung haben, insbesondere wenn sich Gefühle oder äußere Umstände verändern sollten. Lass uns in ein paar Monaten noch einmal einchecken?"



Beispiel 3: Mia (Sie/Ihr)

„Ich würde gerne unsere D/S Dynamik weiter erkunden und hätte Lust auf Treffen so etwa ein- bis zweimal im Monat. Bei allen sexuellen Begegnungen benutze ich Kondome und ich lasse mich alle 3 - 4 Monate testen, je nachdem, wie aktiv ich gewesen bin. Ich bin ziemlich eingebunden in die Kink-Szene und da wir beide in den gleichen Kreisen verkehren, wirst du mich wahrscheinlich auf Playparties auch mit anderen spielen sehen. Oh, und ich schlafe am liebsten allein. Gibt es sonst noch etwas, das du gerne wissen möchtest?"



Beispiel 4: David (Er/sein)

"Ich bevorzuge offene Beziehungen, in denen ich einen festen Partner habe und gleichzeitig mehrere sexuelle Beziehungen eingehen kann. Ich lebe seit etwa vier Jahren einvernehmlich nicht-monogam und lege Wert auf Autonomie und Freiheit sowie emotionale Unterstützung und Stabilität. Zurzeit habe ich zwei lockere Beziehungen und gehe gerne zu sexpositiven Veranstaltungen. Du solltest wissen, dass ich gerne wieder eine feste romantische Beziehung eingehen würde. Bis jetzt gefällt mir ganz gut, was ich von dir gesehen habe, und ich würde dich gerne besser kennen lernen, indem wir uns regelmäßig treffen. Ich fände es toll, wenn wir dies zu einer Priorität machen und ein- oder zweimal pro Woche Zeit nehmen würden. Vielleicht mal mit ein paar Freunden in einen Club gehen? Mir gefällt übrigens sehr gut, wie wir in der Öffentlichkeit Händchen halten :) Für mich wäre es wichtig, dass wir uns in 6 Wochen oder so nochmal unterhalten, um zu sehen, wo wir beide gerade stehen."

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